Montag, 28. November 2011

Ich warte - ALLEIN!

Nun also auch die Zeitung. Nach meinem spektakulären Fernsehauftritt soll nun auch ein Bericht in der Kadiköy Gazette über meinen Freiwilligendienst erscheinen. Während ich diese Zeilen schreibe, grübel ich über die Antworten nach, die mir per Mail zugestellt wurden. Einige sind einfach ("Wie alt bist du?"), bei anderen müsste ich länger ausholen ("Vergleiche Türken in Deutschland mit Türken in der Türkei. Welche Unterschiede hast du bisher festgestellt?"). Diesmal wird es immerhin eine Blamage mit Ansage: Der Fotograf soll mich beim Unterrichten ablichten. Da ich immer wie eine Verrückte zwischen den Tischreihen herumspringe und Quizmaster spiele, kann ich das abgedruckte Foto bereits vor mir sehen. Schlagzeile: "Verrückte Deutsche wird auf Kinder losgelassen. Arbeitet immerhin umsonst."

Ich habe heute Kadiköy erkundet. Der eigentliche Plan war, dem Vodafone Shop einen Besuch abzustatten, um dort mein Handy registrieren zu lassen. Dort wurde mir allerdings mitgeteilt, dass ich meinen Reisepass bräuchte und eine Registrierung mit dem Perso nicht möglich sei. Darafhin strengte ich ungefähr eine halbe Stunde lang eine Diskussion mit herrlich entnervten Mitarbeitern an (lustig: Aufgrund mangelnder Englisch-/ Türkischkenntnisse mittels Google Translater auf dem Mitarbeitercomputer), in der Hoffnung, ich würde sie so sehr nerven, dass sie mir meinen Wunsch gewären und die Registrierung vornehmen. Aber egal wie oft ich den netten Menschen in rot-weiß erklärte, dass ich sogar mit meinem Perso eingereist war ("Wenn das geht, wieso dann keine dämliche Regsitrierung?") - sie blieben hart und mein ungeliebtes uralt-Handy weiter in Gebrauch. 
Anschließend ließ ich mich durch die Stadt treiben, ging die Straßen entlang, die mir am interessantesten erschienen, blieb stehen, sah mich um, trödelte durch Geschäfte und aß Simit im Gehen. Hier und da erledigte ich Besorgungen, dann streunerte ich umher, bis ich nicht mehr wusste, wo ich war. Angelockt von der Weihnachtswerbung eines Tschibo-Shops (laut Arife sehr beliebt bei allen Türken), kehrte ich zum Filterkaffeetrinken ein und machte den Verkäufer durch meine Bestellung und die Tatsache, dass ich eine Deutsche bin, so nervös, dass er den kostbaren Filterkaffee über das ganze Tablett verschüttete. Irgendwann landete ich dann am Ufer des Bosparus und meine Stadttour wurde mit einer frischen Meeresbrise und einem strahlend blauen Himmel belohnt. Ich war unübertrieben in Hochstimmung - bis sich ein Türke Mitte 50 neben mich setzte und versuchte, mich auf eine Tasse Cay zu überreden ("Cok güzel - du bist so hübsch!"). Hatte immerhin den Vorteil, dass ich wieder eine neue Vokabel lernte: Ich warte auf eine Freundin. "Yalnız"- ALLEIN!



Impressionen





Stadtbild in Kadiköy


Mittagspause
Gut erkennbar: Die Menschenmasse auf den Straßen, der dichte Busverkehr. Das Ausmaß des ganzes Gewusels kann man aber nur erahnen...

Durch Zufall gefunden: Eine Straße mit niedlichen kleinen Künstlerhäusern, in denen Bilder, Holz-, Näh- und Glasarbeiten sowie handgemachter Schmuck verkauft werden. Wenn man vorbeigeht, kann man durch die Fensterscheiben beim Künstlern zugucken.










Typischer kleiner Kiosk/ Lebensmittelladen wie man ihn fast überall finden kann.


Samstag, 26. November 2011

Lieblingsnachbarn

Auf einmal stand da auf der anderen Seite der Straße Andrea. Nicht wirklich überraschend, denn wir waren verabredet - aber doch ein wenig surreal. Zuletzt hatten wir uns in Bremen gesehen, nun plötzlich wieder in der überfüllten Straße in Osmanbey. Andrea in Istanbul - ein Stück Heimat in der Fremde. Sie macht ein Auslandssemester in Istanbul, ist schon seit fast drei Moanten dort. Nach drei Wochen haben wir es zwischen Univorbereitungen und Freiwilligendienst endlich geschafft, uns zu treffen. Als Erasmusstudentin führt sie ein anderes Leben in der Großstadt - WG statt Gastfamilie, Uni statt Englischunterricht. 
Gemeinsam mit ihren "Lieblingsnachbarn" aus der Etage drunter, zwei Deutsche und zwei Franzosen, haben wir Glühwein getrunken, während die Unterhaltungen in drei Sprachen durch die Luft wabberten. Anschließend fuhren wir weiter nach Taksim und tanzten uns auf einer Erasmusparty durch die Nacht. Eine schöne Abwechslung nach den letzten (partyarmen) Wochen. Dabei habe ich auch gleich eine Schnelleinführung in das Leben von Erasmusstudenten bekommen. Wie leicht und unspektakulär hier verschiedene Nationen zusammenkommen. Die Kommunikation ist via Englisch kein Problem. Mit großem Interesse wird als erstes gefragt - Woher kommst du? Spätestens auf der Tanzfläche sind die Nationen dann aber egal, weil ohnehin alle das gleich wollen: Tanzen und Spaß haben.

Mein Fernsehauftritt ist online zu bewundern. Wie beschrieben lässt sich an meinem Gesicht wunderbar die Verwandlung von rot zu sehr rot beobachten, während ich meine denkwürdigen Worte ins Mikrofon stottere. Viel Spaß damit: http://www.canlidizitr.com/5er-beser-9-bolum-izle-25-kasim-2011.html/4

Donnerstag, 24. November 2011

Hepiy ticir

Heute ist in der Türkei der "Öğretmenler Günü" - der Tag der Leher. An diesem Tag wird den Lehern für ihre Arbeit gedankt. Sich ausgedacht und eingeführt hat das Ganze natürlich wieder Atatürk. Es ist üblich, seinem Lehrer kleine (selbstgebastelte) Geschenke und Blumen zu überreichen. Im Voraus hatte ich die leise Befürchtung, meine ohnehin schon von mir begeisterten Kinder würden mich heute überhaupt nicht in Ruhe lassen. Glücklichweise war die berüchtigte (wie ich sie insgeheim beziffere) Stalker-Klasse - 4B - nicht anwesend. Am Dienstag hatten mich die Kinder bis auf die Toilette verfolgt und versucht mich mit penetrantem Blinzeln und strahlenden braunen Augen zu einem Unterschriftenmarathon zu nötigen. Ich habe einige Zettel mit Liebeserklärungen und Zeichnungen geschenkt bekommen und das Bild rechts mit der schönen Widmung "Hepiy ticir" - "Happy teacher (day)". Außerdem ein Gedicht zum Lehrertag: "A little boy" by Helen Buckley.


Allen einen fröhlichen Lehrertag ;)


Mittwoch, 23. November 2011

Esskultur ade!

Ich bekommen Routine. Darin, mir in einem überfüllten Zugabteil ein Stückchen Raum zu erkämpfen, das mir erlaubt aufrecht zu stehen und dabei nicht eine Vielzahl unterschiedlicher und durchaus unschöner Düfte in der Nase zu haben. Darin rechtzeitig auszusteigen, ohne die Schilder erkennen zu können, die so angebracht sind, dass man sie aus dem Zug heraus kaum entziffern kann (Mein Trick: Aus einem unerfindlichen Grund fällt direkt vor meiner Station immer das Innenlicht im Zug aus. Sobald ich im Dunkeln stehe weiß ich: Aha, jetzt muss ich raus). Darin, den Kinder Englisch beizubringen und zu diesem Zweck nur ein begrenztes Sammerlsorium aus Phrasen beisammen zu haben: Setzt euch hin! Seid ruhig! Wer weiß das? Seid ihr fertig? Darin, die Computertafel zu bedienen, die in regelmäßigen Abständen den Geist aufgibt oder sich gegen meinen Willen selbtsständig macht. Daran in einer unübersichtlichen Stadt zu leben, in der man niemals wirklich allein ist. Ich habe mich an das türkische Essen gewöhnt, daran keinen Filterkaffee zu trinken (Aber nur so halb. Mal ehrlich - Istantkaffee? Istantkaffee?? Warum?). Ich habe mich daran gewöhnt, dass ich das schnulzige Fernsehprogramm (darüber muss und werde ich mich in einem späteren Blogeintrag auslassen) nicht verstehe und dass ein Großteil der Gespräche um mich herum nicht mehr sind, als ein aufgeregtes Summen. Tatsächlich bin ich so daran gewöhnt, dass sich alle um mich herum unterhalten, ohne dass ich etwas verstehen kann, dass mich mein Besuch in der Marmara Universität heute völlig aus der Bahn geworfen hat. Ich habe Feyyaz besucht, den Sprachpartner von Marie, die ein Jahr in Istanbul gelebt hat. Bei meinem Besuch im Mai hat er uns die Stadt gezeigt. Er studiert auf Deutsch und dass er meine Sprache lernt, wusste ich natürlich schon vor meinem Besuch. Doch auf dem Weg zur Caféteria haben wir seine Freunde getroffen, die mich - als sei es die normalste Sache der Welt - sofort auf Deutsch angesprochen haben. Das sprechen sie nämlich alle - fließend. Einige, weil sie in Deutschland geboren sind, andere, weil sie Deutsch als Fremdsprache lernen. Es hat tatsächlich einen Moment gedauert, bist ich verarbeitet hatte, dass diese Menschen wirklich, richtig, wahrhaftig mit mir kommunzieren konnten und nicht bloß in Wortfetzen und halbrichtiger Englischgrammatik. Ich konnte es mir nicht verkneifen und habe ihr Lehrbuch durchgeblättert. Hat mal jemand darüber nachgedacht, wie schwer es wäre, Deutsch als Fremdsprache zu lernen? 
Beispiel Präpositionen: Türkisch kann so einfach sein! Es gibt nur die Endungen -e/ -a (zum, hin), -de/ -da (im...), und -den/dan (von... weg). Deutsch hingegen ist reich an Präpositionen, Bindewörtern und Unregelmäßigkeiten. Die Türkische Sprache kennt auch keine Artikel. Die deutsche Sprache beglückt gleich mit dreien an der Zahl, deren Zuordnung zu den jeweiligen Nomen vollkommen unverständlich ist. Das Mädchen? Der Schminkspiegel? Die Bohrmaschine?
Das Buch ist dennoch sehr lehrreich. Neben der Grammatik, führen Texte in die deutsche Kultur ein. Neben kleinen Texten über "Heini und Opa beim Angeln" und "Bikulturelle Ehen", lässt sich dort unter dem reißerischen Titel "Esskultur ade!" nachlesen, dass - tja, Deutsche keine Esskultur mehr besitzen. Es wird kaum noch gekocht, stattdessen werden Fertiggerichte gekauft. Mensch, Mensch. Kann den Türken nicht passieren - die besitzen mehr Esskultur als gut für die Figur ist... 

Nebenbei habe ich ein interessantes Gespräch über Türken in Deutschland geführt. Viele Türken reagieren ähnlich wie Deutsche auf meine Entscheidung in die Türkei zu gehen und Türkisch zu lernen, nämlich mit: "Wieso ausgerechnet die Türkei?"
Warum nicht? Ich fürchte leider, es gibt einen ganzen Haufen Missverständnisse zwischen Türken und Deutschen - auf beiden Seiten. Der Junge mit dem ich mich heute unterhalten habe, ist in Köln geboren, dort aufgewachsen, hat die deutsche Staatsbürgerschaft inne. Nach seinem Studium will er in Deutschland leben. Und dennoch weiß er Geschichten zu erzählen, von der Art und Weise, wie ihm in Deutschland Unrecht getan worden ist. Aber er sagt zu mir: Türken haben sich in Deutschland nicht richtig verhalten. Deswegen ist das Verhältnis so angespannt. Eine verworrene Situation. 
Deutschtürken haben in der Türkei übrigens ebenfalls einen Ruf weg. In einer Comedysendung wurde in einem Sketch der typische Deutschtürke folgendermaßen parodisiert: Extrem weite Hose, XXL-Shirt, Cappi in der Stirn und dicke Goldkette um den Hals. Auch Hidir fragte mich in einem Gespräch: "Warum laufen Deutschtürken eigentlich alle wie Gangster rum?"

Montag, 21. November 2011

Willst du Bohnen?

Das erste Wochenende mit meiner neuen Gastfamilie ist zu Ende. Heute bin ich bereits seit einer Woche in meinem neuen Zuhause und gewöhne mich allmählich an das Haus und seine Bewohner. Insbesondere meinen kleinen Bruder Alp Yagis – das Baby – habe ich ins Herz geschlossen. Den Samstagnachmittag haben wir damit verbracht, sämtliche seiner Spielsachen im Haus zu verteilen und komische Grimassen zu schneiden. Schwierig zu sagen, wer von uns beiden alberner ist. Glücklicherweise verstehen wir uns ohne Worte – Quietschlaute und Handbewegungen reichen für unsere tiefgehenden Gespräche.
Am Samstagabend waren wir bowlen. Ein interessanter Kulturmischmasch – „Seaside Bowling“ (weil in direkter Nähe zum Mittelmeer) in Istanbul. Diese Mischung zieht sich durch die ganze Stadt: Große Supermärkte neben kleinen Gemüse- und Obstständen, traditionelle türkische Küche neben McDonalds & Co. Abends blickt man auf das nächtliche Lichtermeer der Riesenstadt, auf eine Ansammlung Wolkenkratzer und blickende Leuchtreklame, während der Gesang des Muezzins durch die Luft schallt, der die Gläubigen zum Gebet ruft. 
Im Bowlen jedenfalls habe ich mir meine aus Deutschland bekannte Form bewahrt – und haushoch gegen meine elfjährigen Gegner verloren. 

 


Seaside Bowling:
Der Junge ist mein Gastbruder Ata, das Mädchen rechts eine Klassenkameradin mit Freundin.







Am Sonntag waren wir zum Essen bei der Schwester meines Gastvaters und deren Familie. Es war das übliche Spiel: Mir wurden unzählige Köstlichkeiten der türkischen Küche auf den Teller gehäuft („Willst du Bohnen? – „Nein.“ – „Hier bitte.“) und mit Adlerblick überwacht, ob ich auch ja alles aufesse. Anschließend konstatierte Timurs Schwester leicht enttäuscht: „Du bist keine besonders gute Esserin.“ Ҫok ayip...

Kein Dreck da!

Montags hat meine Schule geschlossen - ich habe heute meinen freien Tag. Der ursprüngliche Plan war, einen ruhigen Nachmittag mit Türkisch lernen zu verbringen. Ich habe begonnen "Ali ile Aysecik" (Hänsel und Gretel) auf deutsch zu übersetzten - was allerdings sehr langsam vor sich geht. Der Übersetzungvorgang ließe sich mehr als "Oh da ist ein Wort, das ich kenne" denn als "Oh, das Wort kenne ich noch nicht" charaktisieren. Glücklicherweise kenne ich die Story schon, was die ganze Anglegenheit etwas vereinfacht. Die großformatigen Bildern tun ihr Übriges.
Von einem ruhigen Nachmittag lässt sich allerdings nicht sprechen: Eine der Haushälterinnen wuselt immer wieder die Treppe hoch und runter und saugt, putzt, wischt lautstark. Gerade platzte sie in mein Zimmer, um meinen (vollkommen dreckfreien) Fußboden zu putzen. Meine gestammelte Erklärung ("Kein Dreck da") wurde sang und klanglos übergangen. Ich fuhr mit dem Finger über den Fernseher um das nicht Vorhandensein von Staub zu demonstrieren - keine Chance. Also trollte ich mich in die Küche, holte Wasser und wartete bis mein Zimmer geputzt und nach Wischwasser duftend als bezugsfertig freigegeben wurde. Die andere Haushälterin hat den ganzen Morgen über gekocht, bis der Duft nach gefüllter Paprika drei Stochwerke hinauf bis in mein Zimmer gezogen war. All das ließe sich noch ausschließen - wäre da nicht auch noch der Gärtner, draußen dröhnend den Rasen meht und Bäume stutzt...

Freitag, 18. November 2011

Tetris spielen

Ein großer Teil meines Tages besteht in dem Versuch, möglichst ohne Irrungen von Punkt A zu Punkt B zu gelangen. Das bedeutet, den richtigen Bus, Minibus und Zug zu finden und dann auch irgendwie die richtige Haltestelle. Auch an meinem zweiten Tag habe ich mich verfahren, habe den falschen Bus genommen und bin zu früh ausgestiegen. So konnte ich in den Genuss meiner ersten alleinigen Fahrt mit einem Minibus kommen. Wenn sie nicht überfüllt sind, wohnt ihnen eine heimelige Atmosphäre inne. Ein wenig erinnert es an eine urige Fahrgemeinschaft. Sitzplätze gibt es für etwa 20 Menschen. Der Busfahrer ist Kassierer, Fahrer und Infoschalter in einem. Meinen 20-Lira-Schein wechselte er, indem er sich während der Fahrt sein Portemonnaie aus der Jackentasche zog, mit der anderen lenkte, dann die Arme tauschte und mit der rechten Hand mein Kleingeld aus kleinen Schälchen zusammensuchte. Und das im bereits beschriebenen Istanbuler Straßenverkehr. Das ist mal eine Nummer, mit der er sich bei „Das Supertalent“ bewerben sollte.
Durch meinen Umweg musste ich an der Marmara Universität entlang durch eine Wohngegend laufen. Mein Unvermögen, den richtigen Bus zu nehmen, führte dazu, dass ich den freitäglichen Wochenmarkt in der Mektep Straße erleben zu können: Kunstvoll gestapeltes Obst und Gemüse, Tücher, Kleider und Gewürze. Besonders schön war der Gedanke, dass ich im richtigen Istanbul angekommen war. Es war keine Szenerie, wie auf den Fotografien handelsüblicher Reisekataloge, sondern richtig echter Alltag.
Am Abend konnte ich im überfüllten Zug dann wieder die Schwarmbewegungen erkennen, die entstehen, wenn sich immer mehr Menschen in ein bereits überfülltes Gefährt drängen. Die Überlegungen gleichen einem Tetrisspiel: Wie weit kann ich meinen Fuß verlagern, ohne dass ich beim nächsten Fahrmanöver das Gleichgewicht verliere? Ich dachte vorher, dass ich niemals die Halteschlaufen im öffentlichen Nachverkehr benutzen würde. Sie sind für meine (kurzen) Arme zu weit oben angebracht und ohnehin von geringem Nutzen, denn man muss weiterhin kleine Kreise gehen, um nicht umzukippen. In meinem Abendzug habe ich keine andere Wahl mehr, denn Haltestangen sind in dem Gewühl schlicht unerreichbar. Ganz ungefährlich ist die Heimreise außerdem nicht – die Ellenbogen bedeutend längerer Arme schweben auf meiner Gesichtshöhe und nähern sich in Abständen bedrohlich meinem Gesichtsfeld.

Mein Türkisch wird allmählich etwas besser. Auf meiner Arbeit spricht nur Burak Englisch, so dass ich mit allen anderen schwierige Halbsatz-Wort-Gespräche führe. Ebenso mit den Kindern. Burak hat mir die Frage „Darf ich auf Toilette gehen?“ aufgeschrieben. Nachdem mich einige Kinder gefragt und ich sie nicht verstanden hatte, waren sie aus verständlichen Gründen dazu übergegangen, die Frage an Burak zu richten. Ich freue mich darauf, dass mein Türkisch gut genug ist, um den Leuten Fragen zu stellen. Es gibt so vieles, das mich interessieren würde. Noch mit meiner ersten Familie habe ich eine Dokumentation über türkische Immigranten in Deutschland gesehen. Aus dem Gespräch hat sich ein Gespräch mit meiner Gastmutter ergeben, dass ich gerne mit anderen Türken fortsetzen würde.
Damit mein Türkisch besser wird, hat mir Ata seine Lesebücher aus den ersten Schuljahren geliehen. Das türkische Pendant zu „Hänsel und Gretel“ ist übrigens „Ali und Aysecik“.