Samstag, 7. April 2012

Osterhase


 Nach Weihnachten verbringe ich nun auch noch Ostern, das nächste wichtige christliche Fest, in der Türkei. Nachdem mein Bruder mir im Namen meiner Mutter eine ordentliche Ladung Osterschokolade überreicht hat, habe ich meinen Mitbewohnern versprochen, in ihren Zimmern Schokolade zu verstecken. Bei der Gelegenheit musste ich ihnen allerdings erst einmal erklären, was es mit Ostern auf sich hat. In kurzen Worten zusammengefasst: Der Jesus ist gestorben und nach drei Tagen von den Toten auferstanden. Diesem Ereignis wird an Ostern gedacht. Gefeiert wird das Ganze mit dem obligatorischen Kirchgang und ordentlich Essen. Und für die Kinder versteckt der Osterhase Eier und Süßigkeiten, die sie dann finden müssen.
Betretenes Schweigen von meinem Mitbewohner. Er kneift die Augenbrauen zusammen und fasst das Gesagte noch einmal zusammen: „Jesus ist Wiederauferstanden und ein Hase versteckt Schokolade.“ Kurze Pause. Dann: „Wie hängt das denn zusammen?“

Einflusslos

Die Türken sind stolz auf ihre Küche und ihre Gerichte haben zumeist eine lange Geschichte. Um allerdings noch eine Kritik anzubringen: Das türkische Essen ist lecker, aber leider ziemlich undurchlässig gegenüber Einflüssen von außen. In ganz Istanbul, in jedem Restaurant, jeder Lokanta, jedem Imbiss findet man die gleichen Gerichte. Das ist ungewohnt für mich, die ich aus deutschen Innenstädten ein anderes Bild gewohnt bin. Das bunte Durcheinander von internationaler Küche, das man aus Deuschland kennt, setzt sich in der Türkei nicht fort. Ausländische Küche ist rar und teuer. Natürlich kann man auch hier Pizza und Pasta essen und die Fast Food Riesen aus Übersee bieten auch am Bosporus ihre Burger an. Doch ausländische Restaurant muss man lange suchen. Insgesamt ist die türkische Küche also lecker, aber in ihrer eigenen Geschichte gefangen und tut sich schwer damit, sich fortzentwickeln.

Zuckerbomben

Türken fragen mich gerne, ob ich die türkische Küche mag. Und wenn ich bejahe, dann wollen sie meist noch wissen, wie mir  Baklava schmecke. Ihre Nachfrage gilt also nicht den Hauptgerichten, dem Kebap oder Köfte, sondern immer der Nachspeise. Das macht schon Sinn, denn aussagekräftig ist die Frage allemal: Wer türkische Nachspeisen mag, muss schon ein Türken-Gen in sich tragen. Für gemäßigte deutsche Zungen sind Taltlilar, wie die Nachspeisen auf Türkisch heißen, pure Zuckerbomben. Somit wäre auch schnell erklärt, wie sie schmecken: Süß! Sehr, sehr süß. Und bei diesen Nachspeisen wundert es mich auch nicht mehr, wenn ich sehe, dass meine türkischen Freunde sich fünf Stückchen Zucker in ihren Tee schütten. Für die Nachspeisen gibt es übrigens eigene Läden, in denen die bunten, aufwendig gestalteten Nachpeisen in großen Schaufenster präsentiert werden. Das ist immer ein gewaltiger Anblick, wobei ich zugeben muss, dass die süßen Speisen häufig weit imposanter aussehen, als sie tatsächlich schmecken.
Baklava ist ein Gebäck aus dünn geschichtetem Blätterteig, in Sirup getränkt und mit Walnüssen, Mandeln oder Pistazien gefüllt. Im Mund schmeckt es - natürlich - vor allem süß. Außerdem hat es durch seine Schichtung eine bissfeste Konsitenz. Anfangs konnte ich Baklava nicht essen, mittlerweile gibt es Tage, an denen ich die Zuckerbombe ziemlich gerne esse. 

Lokum (unter Touris bekannt als Turkish Delight) ist der Hingucker auf dem Gewürzbasar (oder Ägyptischen Basar). Die Basis ist ein Sirup aus gelierter Stärke und Zucker und die Konsistenz ist weich und klebrig. Die kleinen Häppchen werden aufwendig gefärbt, verziert und mit Nüssen gefüllt und sehen dann aus, wie direkt aus dem Schlaraffenland. Geschmacklich sind sie dann aber weniger bombastisch, halt einfach - süß.

Unter Sütlac werden eine Reihe von Milchspeisen zusammengefasst, die aussehen wie Pudding und eigentlich nicht viel anders schmecken. Die Oberfläche ist meist karamaellisiert.

In Taksim und den Touristenviertel sind man häufig historisch gekleidete Eisverkäufer, die mit ihren langen Spachtel das Eis durch die Luft wirbeln. Denkt man dabei an das Speiseeis aus Deutschland, denkt man an eine Eisschlacht. Das Maraş Dondurması allerdings hat eine Konsistenz wie Kaugummi und bleibt daher an dem Spachtel kleben. Geschickte Verkäufer veranstalten mit dem Eis eine richtige Show.

Durch Zufall bin ich beim Frühstücken in Taksim auf einen interessanten Nachtich gestoßen. Äußerlich sah er aus, wie eine Milchspeise: Weiß, weich, oben hübsch verziert. Beim Essen meinte ich dann aus Spaß: "Hm, das schmeckt merkwürdig. Fast so, als wäre da Fleisch drin." woraufhin mein Gegenüber meinte: "Ja, davon hab ich schon gelesen. Die pürieren Hühnchenfleisch in den Pudding." Richtig gelesen: Hünchenfleisch. In der Milchspeise. Wie das schmeckt? Interessant. Und süß.