Mittwoch, 22. Februar 2012

Ungeniert kombinieren

Frühstück in der Türkei heißt "Kahvaltı" und sieht in der Türkei fast immer gleich aus. Unveränderliche Bestandteile sind: Oliven, Tomaten und Gurken, weißer Käse (Feta), ein gelber Käse (der für deutsche Zungen ein bisschen fad ist), Marmelade und natürlich Cay. Dazu gibt es reichlich Brot. Überhaupt ist das Brot der wichtigste Bestandteil der türkischen Küche und kommt bei jeder Mahlzeit auf den Tisch. Es wird nebenher gegessen und zwar zu Allem. Folgende Kombinationen sind auf türkischen Mittagstischen nicht ungewöhnlich:
-   Spaghetti mit einer Soße aus Ketchup und Joghurt (was sich als unerwartet lecker erwies) dazu:  Brot
-          Geschnetzeltes mit Reis, dazu: Brot
-          Fleisch mit Reis, mit Pommes, und - ja auch dazu: Brot
Kohlenhydrate werden ganz ungeniert kombiniert. Da kennen die Türken nichts. Kartoffel gelten allerdings auch nur als ein Gemüse unter vielen und haben nicht den Stellenwert in der Ernährung, den sie in Deutschland innehaben. Mein Gastbruder wollte mir kaum glauben, dass Deutsche beinahe jeden Tag Kartoffeln essen. Und ich habe es ihm erspart, die unzähligen Kartoffelkombinationen aufzuzählen, die mir spontan in den Sinn kamen (aus dem Stehgreif: Kartoffelpuffer, Kartoffelbrei, Bratkartoffeln, Pellkartoffeln, Ofenkartoffeln, gekocht, als Brot, als Suppe - was Kartoffeln angeht, beweist die deutsche Küche Erfindergeist. Und hierzulande ist das meiste - oh Schande - vollkommen unbekannt). Anstelle der Kartoffeln isst man hier eben: Brot.
Von einer Brotvielfalt lässt sich indes nicht sprechen: Es ist eigentlich immer der Urtyp des Brotes, der zum Essen gereicht wird: Ein großer Laib Weißbrot, außen knusprig, innen fluffig weich und in jedem Laden für wenig Geld zu haben. Ein Laib kostet 1 Lira, umgerechnet also etwas mehr als 40 Cent. Der wird dann aber nicht nach deutscher Sitte dick mit Butter bestrichen (überhaupt, die treffliche Geschmackssymbiose von Butter, Brot und Käse ist hierzulande unbekannt) und dann mit Aufschnitt belegt. Stattdessen wird das Brot in kleine Stücke gerissen und mit der einen Hand gehalten, während die andere Hand sich Käse in den Mund stopft. Oder aber das Brot wird erst in mundgerechte Häppchen zerteilt und dann bestrichen. In jedem Fall aber hat das mustergültige deutsche Butterbrot hier keinen Einzug gehalten. Das ist auch der Grund weshalb man für das Frühstück nicht zwangsläufig Teller bemühen muss. Sattdessen wird fröhlich der Tisch bekrümmelt, hinterher wieder entkrümmelt, sauber gewischt – fertig. Ob es sich dabei aber wirklich um eine türkische Sitte handelt, konnte ich nicht rausfinden. Methap sagte mir, der Verzicht auf Teller sei eher dadurch begründet, dass in der Schule nicht genügend vorhanden seien. Und als ich ihr erzählte, dass auch Feyyaz keine benutze, zuckte sie mit den Schultern und meinte: „Naja, das ist ja auch ein Student.“ Aha. Werde in meiner WG in Bremen mal anregen, die Teller abzuschaffen. Mal sehen, ob das auf Gegenliebe stößt...

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