Mittwoch, 22. Februar 2012

Wohl bekomm's

In nicht mal einer Woche lebe ich seit vier Monaten in der Türkei. Noch immer habe ich kein Heimweh, nur ein wenig Sehnsucht nach dem Sommer in Bremen, lauen Abenden am Werdersee und meinen Freunden daheim. Ich freue mich darauf, mich nach einem halben Jahr Pause endlich wieder auf mein Fahrrad setzten zu können. Meine erste Amtshandlung wird es sein, auf dem Rad die Stadt abzufahren und Bremen zu sagen: Ich bin wieder da. Je nach Laune und Alkoholpegel werde ich das nur denken – oder laut herausschreien.

In meinem Kopf gibt es eine Liste mit Dingen, die ich vermisse: 
- Fahrradfahren und durch den grünen, blühenden Bürgerpark laufen
- Schwarzbrot und Brötchen; reifen Goudakäse; Salat mit Dressing
- Leckeren Kaffee in einem schönen Café trinken
- Mit Menschen kommunizieren ohne mir einen abzubrechen
- Zeitunglesen am Frühstückstisch
- Meine Universität und mein Studium
und natürlich eine ganze Reihe Menschen daheim in Deutschland. Doch von Sehnsucht zu sprechen ist zu viel gesagt. Vielmehr erfüllt mich eine leise Vorfreude auf die Heimkehr. Wohlwissend, dass ich spätestens am Tag nach meiner Rückkehr einen türkischen Supermarkt stürmen werde.
Aber der Rückflug ist gebucht: Am 28. April werde ich gen Heimat fliegen. Alles zusammen sind das 40 Tage länger als ursprünglich geplant. Aus 140 werden 180 Tage. Ich hab nur keine Ahnung, wie ich den Blognamen ändern kann…

Nach beinahe vier Monaten mehr oder weniger regelmäßigem Bloggens ist mir aufgefallen, dass ich einige sehr wichtige Bereiche vollkommen ausgespart habe. Bisher habe ich kaum etwas über die türkische Küche geschrieben – bis auf den Hang der Türken, mich zu mästen – und das obwohl mir das Entdecken neuen türkischen Essens nach wie vor große Freude bereitet.
Ich werde also einiges über meine Erfahrungen mit der tagtäglichen Nahrungsaufnahme berichten – allerdings ohne Hang zur Vollständigkeit. Auch weil ich nicht alles probieren werde: Allein der Geruch von Kokoreç (klein geschnittene Lammdärme, die spulenartig aufgdreht und gegrillt werden) hat dafür gesorgt, dass sich mir der Magen umdreht. Also keine Geschmacksbeschreibung dieser türkischen Spezialität an dieser Stelle.

“Afiyet olsun” lässt sich mit “Guten Appetit” übersetzten oder besser noch mit “Wohl bekomm‘s”, denn man sagt es wahlweise vor dem Essen, wenn man den Tisch verlasst oder wenn man an jemandem vorbeigeht, der gerade isst. Und mit dem freundlichen Wunsch gehen die Türken nicht unbedingt sparsam um: Selbst wenn ich mir nur einen Kaugummi in den Mund schiebe, fällt ein „Wohl bekomm‘s“.
 Wenn der Koch beim Essen anwesend ist, dann kann man ihm mit den Worten „Elin sağlık“ für die Zubereitung des Essens danken. Übersetzt heißt es in etwa „Gesundheit deinen Händen“ und gewöhnlich reagiert der Koch, in dem er einen „Guten Appetit“ wünscht. Ganz nach dem Motto: Nicht lange mit dem Danken aufhalten, sondern nach türkischer Sitte lieber kräftig reinhauen. Denn dass die Türken gerne Essen und ein guter Gast nur ein wohlgefutterter Gast ist, das habe ich ja schon ein ums andere Mal erwähnt. Glücklicherweise haben die Anstrengungen meiner türkischen Familie und Kollegen, mich zu mästen, abgenommen – was meine Kollegin Methap aber nicht davon abhält, mir immer ein zweites Frühstück aufdrücken zu wollen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen