Mittwoch, 15. Februar 2012

Ominöse Geschäftspraktiken

Eine neue Episode aus der Reihe: Ich brauche eine Dienstleistung, kann kein Türkisch und versuche dem Menschen gegenüber mit Händen und Füßen und einem unverständlichen Türkischmatsch zu erklären, was ich eigentlich will. 
Heute: Xenia beim Schuster.
Ich habe heute meine geliebten Lederstiefel zum Absatzwechsel in die Werkstatt gebracht. 

Die Szenerie muss man sich wie folgt vorstellen: Winzige Ein-Raum Werkstatt, keine zehn Quadratmeter. In der Ecke ein rauschender Fernseher; Programm: Seifenoper (zu sehen ist natürlich eine heulende Frau). Auf dem Boden zerfetztes Linoleum mit Holzprint. Als ich reinkomme, sitzt eine Frau auf dem Stuhl vor dem, was wohl eine Theke sein soll und diskutiert mit dem Schuster. Er: Mitte Vierzig, Halbglatze, wohlgenährt, qualmende Zigarette im Mund, die alles um ihn herum vollascht und den Raum in dicken Qual hüllt. Er hantiert mit glänzenden Abendschuhen, sie lamentiert über den Preis. Dann darüber, dass er kein Telefon besitzt und Vorkasse verlangt. Sie ist ganz außer sich und versucht sich mit mir zu verbrüdern, diskutiert jetzt mit mir und ich nicke verständnisvoll. Als sie geht, ist ihr nicht aufgefallen, dass ich nur einen Bruchsteil ihrer Entrüstung verstanden habe. 
Jetzt ist es an mir, ihm zu erklären, was ich will und das geht merkwürdig schnell und leicht. Absätze neu, wird gemacht. Dann allerdings hantiert es mit dem Schraubenzieher an der Sohle meiner Lieblingsschuhe – ein Anblick, von dem ich seit heute weiß, dass ich ihn nicht gut ertragen kann. Ich höre schon die Absätze abreißen. Klingt in meinen Ohren wie Fingernägel auf einer Tafel. Genauso wenig mag ich es, dass er mit einem roten Kulli den Arbeitsauftrag auf die Schuhsohle kritzelt. Genau das tut er aber. Über mein Entsetzten kann er nur lachen. Bevor ich die Schuhe aus der Hand gebe, sage ich ihm zehn Mal, dass es sich um meine Lieblingsschuhe handelt und er vorsichtig sein soll. Er lacht. Auch von mir verlangt er Vorkasse und meinen Namen schreibt er sich erst auf, als ich es ausdrücklich verlange. Ominöse Geschäftspraktiken sind das. Bin gespannt, ob ich meine Stiefel zurückbekomme. Und wenn ja: Wie

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