Donnerstag, 17. November 2011

Drei ist des Bremer Recht

Ich wurde in die Freiheit entlassen. Seit gestern Abend darf ich alleine Bus und Bahn fahren - und mich alleine verlaufen, was ich kräftig tue. Denn auch mit ortskundigen Türken ist es nicht immer einfach, in dieser riesigen, unübersichtlichen Stadt den richtigen Weg zu finden. Es war also vorprogrammiert, dass ich mich verlaufen würde. Dabei konnte ich immerhin mein Sammerlsorium an unverständlicher Stammellei in türkischer Sprache erproben: "Nerede... ääh" - "Wo ist... ääh". Tatsächlich ging schon meine erste Zugfahrt beträchlicht daneben: Eingequetscht in eine Menschentraube, die mit den Haltegriffen "Bäumchen-wechsel-dich" spielte und sich nicht recht entscheiden konnte, ob sie dir nun ihren Arm oder ihre Tasche in die Seite drücken wollte, bekam ich bei der zweiten Haltestelle das diffuse Gefühl, in die falsche Richtung zu fahren, verwechselte die Haltestellen und stieg aus. Gelandet war ich im menschenleeren Nirgendwo. Es dauerte eine Viertelstunde bis der nächste Zug kam, der mich am Hauptbahnhof ausspuckte. Glücklicherweise teilte mir dort jemand mit, dass ich an der Endhaltestelle angekommen war - sonst hätte man mich wohl irgendwann in den Betriebsbahnhof chauffiert. Von dort aus konnte ich mich zum richtigen Zug durchstottern.
Mein Recht auf drei Versuche setzte ich auch heute Morgen durch. Es gibt in Istanbul große Busse, wie man sie von deutschen Straßen kennt (nur etwas älter und überfüllter). Außerdem gibt es private Minibusse - minibüsler. Sie fahren eine feste Strecke, haben aber keine festen Zeiten oder Haltestellen. Ihre Insassen werben sie durch penetrantes Hupen an, aussteigen kann man dann wo man möchte. Außerdem gilt für türkische Busse: Es gibt keine Straße, die man nicht auch mit einem Bus befahren kann. Soll heißen: Ruckelstraße oder Autobahn - der Bus packt das. Anfahren bei 30% Steigung? Der Bus packt das. Gewagte Fahrmanöver bei überfüllten Straßen? Der Bus packt das.
Ich wollte mit einem der Minibüsse fahren, die in hoher Frequenz kommen und gehen, musste mich dann aber durchfragen, weil kein Minubus in Richtung E5 fuhr. Der Mann, den ich ansprach, half mir, den richtigen Bus zu finden, erklärte mir allerdings irgendwann, ich sei an meiner Haltstelle vorbei, müsste aussteigen und mit einem anderen Bus zurückfahren. Das tat ich, landete wer-weiß-wo und versuchte verzweifelt auf meiner Karte den richtigen Weg zu finden. Konnte ich allerdings nicht, denn ich war gut 8 Kilometer zu früh ausgestiegen. Irgendwann sprachen mich zwei Männer an, die mein überfordertes "Diese Straße ist nicht auf der Karte"-Gesicht erkannten und mir erklärten, wohin ich müsste. Auch wenn sie Mühen haben, dich zu verstehen, bemühen sich Türken, einem Fremden weiterzuelfen. Es ist sicherlich auch von Vorteil, ein blondes junges Mädchen zu sein. Die beiden Männer verabschiedeten sich denn auch recht überschwänglich von mir und einer konnte sich nicht verkneifen, mir zu sagen, wie schön meine Augen wären...

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